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Von schüchternen Alpen und zutraulichen Franzosen

Wenn in dein Zuhause eingebrochen wird, ist das immer scheiße. Man fühlt sich komisch unwohl, weil man weis, da war irgendwer Fremdes in deinen eigenen 4 Wänden und hat alles angefasst und durchwühlt. Und in unserem Fall hat der Fremde mit aller Wahrscheinlichkeit auch in unserem Bett gesessen. Das muss so sein, da die Wohnfläche eines T4s zu 75 % aus Bett besteht.
Dieses Gefühl trieb uns auch dazu weiterzuziehen. Wir mussten weg. Weit weg von dem Ort, an dem es Menschen gibt die sich ohne zu Zögern an fremdem Eigentum bereichern. Solche Leute gibt es natürlich überall, aber der Kopf fühlt sich besser – wir Menschen sind da komisch …
Also auf nach Frankreich. (Nachfolgende ausführliche Recherchen haben ergeben, dass die Einbruchraten in Frankreich noch viel höher sein sollen …)
Hier haben wir erst einmal einen sicheren Hafen angesteuert. Einen Ort, von dem wir wussten, das Nyls sicher steht und wir uns in aller Ruhe um die Reparatur vom Schloss kümmern können. Aber dazu später mehr …
Die Fahrt war unspektakulär aber dafür erstaunlich teuer. Italien ist im Nordwesten flach und leer und windig und leer. Die Alpen verstecken sich am Horizont und trauen sich auch ewig nicht näherzukommen. Als es dann doch so weit ist, diese zu durchqueren, ist von der schönen Bergwelt nicht viel zu sehen: Die Straße verschwindet in endlosen Tunneln. Und da es wahrscheinlich auch unendlich teuer war diese zu bauen, zahlten wir auch eine stolze Maut von ca. 110 Euro. Hätten wir das vorher gewusst, wären wir eine andere Strecke gefahren. Jetzt checken wir im Vorfeld die Mautgebühren für die geplante Strecke, eigentlich kein großes Ding, aber man muss es halt machen. Dafür gibt es auch unzählige Internetseiten. Einfach mal googeln.
Und als hätte das mit den Straßengebühren nicht gereicht hat sich unser Auspuff überlegt noch mal kaputt zu gehen. Nicht an dem neuen Teil – nein – sondern direkt davor: An der Stelle an dem der Mittelschalldämpfer angesteckt wird. Es war irgendwie komisch: Wir haben uns nicht richtig verstanden, da die Musik doch echt laut war. Problem war nur, das wir die Musik auch nicht richtig gehört haben, da Nyls noch viel lauter war. Man bekommt das immer nicht so richtig mit, wenn das Loch im Auspuff langsam größer wird. Man dreht einfach die Musik lauter und denkt sich – yeah Arctic Monkeys!
Naja wir haben dann einfach gehofft, dass der Auspuff bis zur Ardèche dranbleibt und das hat er dann auch glücklicherweise getan.
Geschafft. Das nächste Ziel ist erreicht. Wir haben einen Campingplatz direkt an der Chassezac, einem Nebenfluss von der Ardèche angesteuert. Hier waren wir schon einmal zuvor und wussten, dass wir Nyls erst einmal abstellen, und uns in Ruhe um die Reparatur von Schloss und Auspuff kümmern können. Das Allerwichtigste jedoch: Die Wartezeit können wir mit traumhafter Kletterei in feinstem Kalk überbrücken. Der Campingplatz ist echt super gelegen: viele kleine separate Stellplätze auf verschiedenen Höhen zwischen den Bäumen und Felsen versteckt. Man fühlt sich wie mitten in der Wildnis. Die sanitären Anlagen sind echt brauchbar (das ist nicht überall der Fall) und es gibt an jeder Ecke eine Wasserstelle. Angrenzend an dem Campingplatz fließt direkt die Chassezac, in welcher man super baden und auch paddeln kann. Aber das Allerwichtigste an dem Platz: Hunderte von super abgesicherten Sportkletterrouten in Laufweite.
Das super abgesichert muss hier extra betont werden, da man wirklich teilweise mehr damit beschäftigt ist, Exen zu klicken, als zu klettern. Es lohnt sich hier auch mehr als 10 Exen einzupacken, andernfalls fängt man an, in der Route die Exen wieder auszubauen, damit sie bis oben reichen – true story! Aber das ist ja zum Glück kein Problem, da ja die Abstände so klein sind.
Supermotiviert aufgrund der schönen Kletterei und der bombastischen Absicherung nimmt man sich dann auch vor ein paar harte Routen einzuhängen – aber falsch gedacht! In Routen, ab dem 6. französischem Grad ist die Absicherung wie wir es normalerweise gewohnt sind: So alle drei Meter.
Das ist auch ok – aber der Kopf klettert dann halt auch mit.
Ein weiterer kleiner Wermutstropfen, den man immer in wunderschönen Klettergebieten hat, ist die Anzahl der Besucher. Das ist bei Kalk auf Dauer auch ein bisschen doof, da alle Griffe und Tritte zu glatt polierten, glänzenden Edelsteinen werden. Das sieht zwar schön aus, lässt sich aber mehr als bescheiden klettern.
Weiterhin ist uns aufgefallen, dass Franzosen auch keine Berührungsängste haben. Und das nicht im übertragenen Sinne. Sie haben kein Problem damit, die erste Seillänge einzuhängen während du grad in der Zweiten steckst – als würden sie direkt wollen, dass du ihnen auf den Kopf plumpst beim Abseilen. Da vermisst man ein wenig die aus Deutschland gewohnte höfliche Distanz.
Alles in allem ist es aber ein wunderbares Klettergebiet, mit schönen langen Routen und wunderbarer Aussicht. Der Kalk ist traumhaft vielfältig von Löchern über Sinter und Leisten bis hin zur Reibungskletterei (ohne Reibung). Gerade auch für Anfänger bestens geeignet um Vorstieg zu trainieren aufgrund der kleinen Exenabstände.

So. Nu ist genug. Lesen ist ja eh immer langweiliger als Bilder anschauen.

Christoph